Prokrastination neu gedacht
Warum Aufschieben nicht immer schlecht ist
Prokrastination – allein das Wort klingt schon schwer und träge. Meist wird es mit Faulheit, mangelnder Disziplin oder Zeitverschwendung assoziiert.
In unserer leistungsorientierten Gesellschaft gilt es schon als negative Eigenschaft, Aufgaben aufzuschieben. Doch ist Prokrastination wirklich nur negativ? Oder kann hinter dem vermeintlich „unproduktiven“ Verhalten auch etwas Sinnvolles stecken?
In diesem Beitrag möchte ich einen anderen Blick auf das Thema werfen – einen wohlwollenden, neugierigen und ehrlichen. Denn manchmal hat das Aufschieben sehr gute Gründe.
Vielleicht ist es an der Zeit, Prokrastination nicht nur als Hindernis, sondern auch als hilfreiches Signal zu betrachten.
1. Was genau ist Prokrastination?
Prokrastination bedeutet, Aufgaben absichtlich oder unbewusst aufzuschieben, obwohl man weiß, dass eine baldige Erledigung sinnvoll wäre. Stattdessen widmen wir uns anderen – oft angenehmeren oder leichteren – Tätigkeiten. Typische Beispiele sind das Scrollen durch Social Media, Gaming, Netflix, Whatsapp oder eine andere spontane Tätigkeit, während wichtige To-dos warten.
Doch warum machen wir das überhaupt?
2. Die klassische Sicht: Problemverhalten mit Folgen
Aus psychologischer Sicht wird Prokrastination häufig als dysfunktionales Verhalten beschrieben. Es kann Stress verursachen, das Selbstwertgefühl untergraben und langfristig zu schlechteren Leistungen führen. Die Folge: Wir fühlen uns schlecht, weil wir Dinge nicht angehen, wissen aber oft nicht genau, warum.
Dieser Erklärungsansatz greift jedoch häufig zu kurz – denn er sieht nur das Verhalten, nicht seine möglichen Ursachen oder sogar positiven Seiten.
3. Prokrastination als Spiegel innerer Werte
Einer der spannendsten Gedanken in der aktuellen Auseinandersetzung mit Prokrastination ist: Vielleicht schieben wir Dinge nicht auf, weil wir "faul" sind, sondern weil sie nicht im Einklang mit unseren inneren Werten stehen.
Beispiel: Du prokrastinierst das Schreiben eines langweiligen Projektberichts. Stattdessen gestaltest du in dieser Zeit mit Begeisterung ein kreatives Konzept für einen Workshop. Möglicherweise zeigt das, dass deine Werte eher bei Kreativität und Wirksamkeit liegen – nicht bei reiner Pflicht- und Dokumentationsarbeit.
Prokrastination kann also ein innerer Kompass sein, der uns zeigt, was uns wirklich wichtig ist – und was nicht.
4. Schutzmechanismus des Gehirns
Ein weiterer positiver Aspekt: Prokrastination ist oft ein Schutzmechanismus. Wenn uns eine Aufgabe emotional überfordert, uns Angst macht oder mit Unsicherheit verbunden ist, schützt uns das Gehirn vor diesem unangenehmen Gefühl – indem es uns in die Vermeidung schickt.
Das ist zwar kurzfristig nicht produktiv, aber langfristig sinnvoll:
Unser System zeigt uns, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht fehlt Unterstützung, vielleicht ist das Ziel zu groß gesteckt, oder die Aufgabe löst inneren Widerstand aus, weil sie nicht zu uns passt.
Statt sich für das Aufschieben zu verurteilen, könnte die Frage lauten:
Was genau überfordert mich gerade – und was brauche ich eigentlich?
5. Kreative Impulse und neue Ideen
Viele bekannte Künstler, Wissenschaftler und Denker berichten, dass ihre besten Ideen nicht am Schreibtisch, sondern beim Spazierengehen, Träumen oder sogar beim „Nichtstun“ entstanden sind. Prokrastination kann Raum schaffen – Raum für neue Gedanken, Perspektiven und Lösungen.
Das Gehirn arbeitet oft im Hintergrund weiter, auch wenn wir bewusst eine Aufgabe gerade nicht bearbeiten. Dieser kreative Leerlauf, auch „incubation phase“ genannt, ist ein fester Bestandteil vieler kreativer Prozesse.
6. Prokrastination als Signal zur Veränderung
Statt Prokrastination nur als Problem zu sehen, könnten wir sie auch als Einladung verstehen: Eine Einladung zur Reflexion, zur Kurskorrektur – oder sogar zu mehr Selbstfürsorge.
Vielleicht willst du etwas nicht tun, weil es nicht zu deinem Lebensentwurf passt. Vielleicht fehlt der Sinn in der Aufgabe.
Vielleicht sind es aber auch nur unrealistische Erwartungen, die dich hemmen. In jedem Fall ist das Aufschieben ein Zeichen, dass etwas Aufmerksamkeit verdient.
7. Wie man sinnvoll mit Prokrastination umgehen kann
Prokrastination vollständig „abschaffen“ zu wollen, ist weder realistisch noch notwendig. Viel hilfreicher ist es, sie achtsam zu betrachten:
Fazit: Aufschieben als Chance zur Selbstbegegnung
Prokrastination ist mehr als ein reines Zeitproblem. Sie kann ein innerer Kompass sein, ein Schutzmechanismus oder ein kreativer Raum.
Wer lernt, genauer hinzuschauen, entdeckt vielleicht nicht nur den wahren Grund des Aufschiebens – sondern auch sich selbst ein Stück mehr.
Also: Wenn du das nächste Mal eine Aufgabe aufschiebst, verurteile dich nicht sofort. Vielleicht zeigt dir dein Inneres gerade, dass etwas nicht stimmt – oder dass etwas anderes gerade wichtiger ist.
Und wer weiß – vielleicht ist genau dieser Moment des Innehaltens der Anfang von etwas Neuem.
Spürst du, dass hinter deinem Aufschieben mehr steckt als bloße Unlust?
Vielleicht ist es ein inneres Nein – oder ein stiller Ruf nach Sinn, Klarheit und Veränderung.
Wenn du lernen möchtest, was dir deine Prokrastination wirklich sagen will, und wie du sie in eine kraftvolle Ressource verwandelst, begleite ich dich gern auf diesem Weg.
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